Positionspapier Pop-Up Radweg in Kaltental

Die Zukunftswerkstatt positioniert sich zur Pop-up Radlane und den Planungen der Landeshauptstadt Stuttgart.

Das Amt für Stadtplanung und Wohnen (Verkehrsentwurfplanung) plant die temporäre Einführung von Pop-Up Lanes für den Radverkehr in der Böblinger Straße zwischen den Haltestellen Waldeck und Kaltental im Rahmen eines Verkehrsversuchs. Wir sehen, dass die Sicherheit der Radfahrer:innen in dem entsprechenden Straßenabschnitt Maßnahmen erfordert, wünschen uns aber, dass die
(lokalen) Belange der Bewohner:innen der Böblinger Straße stärker und bereits in Phase 1 des Versuchs bei der Planung berücksichtigt werden. Eine Verschiebung der folgenden
Maßnahmen in eine mögliche Phase 2 würde eine Wartezeit bis zur Realisierung von drei bis fünf Jahren erwarten lassen. Angesichts der Einschränkung für die Bewohner:innen der Böblinger Straße ist eine so lange Wartezeit nicht hinnehmbar. Auch besteht nach Aussage der Stadtplanung die Gefahr, dass die Phase 2 nie realisiert wird und selbst hier von der Verwaltung positive Ansätze nicht mehr im Sanierungsgebiet umgesetzt werden könnten.


Querungsmöglichkeiten
Das Kaltentaler Tal und die angrenzenden Bereiche sind derzeit ein Sanierungsgebiet der Stadt Stuttgart (Stuttgart 31). In der Satzung zum Sanierungsgebiet werden als wesentliche Sanierungsziele u.a. die Aufwertung städtebaulicher Raumkanten, insbesondere entlang der Böblinger Straße (Stärkung der Identität in Stadtstruktur und Ortsbild) und die Schaffung zusätzlicher
Querungsmöglichkeiten über die Böblinger Straße definiert. Beim Entwicklungsschwerpunkt „Böblinger Straße“ soll durch zusätzliche Querungsmöglichkeiten die Barrierewirkung von Straße und Stadtbahntrasse vermindert werden.
Mit der Einführung der Pop-Up Lane fallen auf der Seite des evangelischen Hügels der Böblinger
Straße alle öffentlichen Parkplatze weg. Auf der Seite des katholischen Hügels sollen zwei
Parkbuchten erhalten bleiben. Zusätzlich prüft die Stadt, ob auf dem Grundstück, welches für den
Bau einer KiTa von der Stadt erworben wurde (Böblinger Straße 447), temporär Parkplätze für ein Bewohner:innenparken zur Verfügung gestellt werden können. Für die Bewohner:innen der berghoch-Seite sind jedoch die obere Parkbucht bzw. das KiTa-Grundstück nur mit großen Umwegen zu erreichen. Hier würden zusätzliche Querungsmöglichkeiten, die in der Sanierungssatzung auch als Maßnahme schon definiert wurden, die fußläufige Zugänglichkeit von Parkplätzen deutlich verbessern.


Parkraummanagement
In der letzten Bürger:innen-Beteiligung am 20. Januar 2022 wurde die Erhebung der Stadt vom 16. Dezember 2021 vorgestellt, in der zu drei verschiedenen Uhrzeiten der ruhende Verkehr untergliedert in fünf Fahrzeugtypen gezählt wurde. Das Erhebungsgebiet umfasste auch
Nebenstraßen der Böblinger Straße bis bspw. zur Belchenstraße. Wir bitten die Fraktionen, die Stadt um eine Darlegung ihrer Annahmen zur Zumutbarkeit von Fußwegen zu Parkplätzen zu bitten – insbesondere unter Berücksichtigung der Topographie und Barrierefreiheit. Bspw. die. Belchenstraße kann prinzipiell gut über den Fußweg, der zur Brücke führt, erreicht werden, dieser ist aber nicht barrierefrei, nachts nur unzulänglich beleuchtet und wird im Winter nicht unbedingt geräumt.
Für das in Aussicht gestellte Parkraummanagement muss ein Parkdruck nachgewiesen werden. Aus unserer Sicht ist dafür die Definition des Erhebungsgebietes ein kritischer Aspekt. Deshalb ist die Frage an die Stadt, warum unter der Berücksichtigung von Topographie, Barrierefreiheit und somit insgesamt einer zumutbaren Erreichbarkeit, das Erhebungsgebiet nicht kleiner gefasst wurde. Dies würde die Argumentation für die Einführung eines Parkraummanagements aufgrund von Parkdruck aus unserer Sicht vereinfachen.
Als weitere Anregung bitten wir, um Prüfung ob Bewohner:innen Parken auch im Rahmen eines
Verkehrsversuchs eingeführt werden kann. Die Durchführung von Verkehrsversuchen regelt in Deutschland § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der StVO: „Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken […] beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie […] zur Erforschung des Unfallgeschehens, des
Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.“ Die Ergebnisse einer Erprobung könnten eine gute Grundlage für die weitere Zielplanung für die Böblinger Straße im Rahmen des Sanierungsgebietes bringen.


Pulkstart
Wir bitten weiterhin, als Maßnahme eine Pulkstart-Lösung (um Radfahrenden einen Vorlauf zu geben) bergauf ab der Kreuzung Waldeck bis zum Ende der Wohnbebauung auf Höhe der Böblinger
Straße Nr. 400 als Umsetzungsauftrag an die Stadt zu geben. Ggf. wäre diese Maßnahme durch eine Änderung der Ampelschaltung und entsprechende Markierungen möglich und würde so keine baulichen Maßnahmen erfordern. Diese Maßnahme würde aber Parkplätze für die direkten Anwohner erhalten.


Tempo 40
Eine Gefahrenminderung insbesondere für den Radverkehr würde auch durch die Einführung von
Tempo 40 ab Waldeck geschaffen. Die Stadt hat die Einführung geprüft aber bisher mit dem Argument abgelehnt, dass die Luftqualität in Kaltental zu gut sei. Dieses Argument war für uns nicht stichhaltig da im restlichen Stadtgebiet auch in Höhenlagen Tempo 40 umgesetzt wurde (Kräherwald Wir bitten die Stadt um nochmalige Prüfung. Aus unserer Sicht könnte insbesondere die
Lärmbelastung durch den motorisierten Verkehr eine Einführung von Tempo 40 rechtfertigen (siehe Lärmkartierung von 2017 und Vision Lärmschutz Stuttgart 2030). Des Weiteren würde die Einführung von Tempo 40 mehr Sicherheit auch für Fußgänger:innen (insbesondere wenn Bewohner:innen der evangelischen Seite über die neu zu schaffenden Querungsmöglichkeiten die Böblinger Straße vermehrt passieren werden, um zu den öffentlichen Parkplätzen auf der katholischen Seite zu gelangen) und insgesamt eine Aufwertung der Lebensqualität in unserem Ortsteil bedeuten.


Evaluation
Die Stadtverwaltung will den Verkehrsversuch Pop-Up Lane in Kaltental evaluieren. Für eine Evaluation müssen aber zu erreichende Ziele formuliert und Kriterien gefunden werden, mit denen der Umfang der Erreichung dieser Ziele bewertet werden kann. In Abhängigkeit dieser Ziele und Kriterien muss bereits in einem frühen Stadium des Versuchs definiert werden, welche Daten, in welchem Umfang und in welcher Frequenz erhoben werden sollen. Diese Informationen sind von der Stadtverwaltung abzufragen und die Evaluationsziele- und kriterien ggf. kritisch zu prüfen.


Aus unserer Sicht würde eine stärkere Berücksichtigung der Belange der Bewohner:innen der
Böblinger Straße zu einer größeren Akzeptanz des Verkehrsversuchs führen und zu einem guten
Miteinander aller Verkehrsteilnehmer:innen beitragen. Für die Bürger:innenbeteiligung und Maßnahmen für die Böblinger Straße im Rahmen des Sanierungsgebietes ist es wichtig, dass die Bewohner:innen mit ihren Interessen und Bedürfnissen ernst genommen werden.

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